Zwischen den Zeilen lesen!

Univ.-Prof. DDr. Schennach hat eindeutig und auftragsgemäß den Tiroler Agrarstreit aus der ausschließlichen Sicht der Gemeindeordnung beleuchtet. Auch beim öfteren Studieren war kein Hinweis auf eine Flurverfassungsgesetzgebung zu finden. Doch gerade diese Flurverfassungsgesetze bilden die rechtliche Grundlage der Tiroler Agrargemeinschaften.Bei meinem Beitrag “Unendliche Streitigkeiten“ habe ich versprochen den Autor auch loben zu wollen. Zu diesem Zwecke habe ich zur besseren Lesbarkeit einige, mir als Bauer, nicht geläufige Fremdwörter gemäß Wikipedia durch allgemein verständliche Begriffe ersetzt und hier einen Teil der Sonderpublikation des Gemeindeverbandes wiedergegeben.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei DDr. Schennach für die folgenden eindeutigen Formulierungen zu Gemeindegut und agrarischen Gemeinschaften.

 

DDr. Schennach findet die Gesetzgebung in der Zuschreibung von Gemeindegut defizitär und schließt daraus, dass die Unbestimmtheit der Gesetzgebung eher nicht legistisches Unvermögen , sondern möglicherweise Absicht war.Die Mehrdeutigkeit des früheren Gemeindebegriffes ließ es wohl als unpassend erscheinen, pauschal das ganze Gemeindegut der nunmehr gesetzlich fixierten politischen Gemeinde zuzuordnen, gab es doch tatsächlich vielfältige frühneuzeitliche Ausprägungen von Gemeinschaften, wie reine Alpgenossenschaften, deren Zielsetzung eine gemeinsame Liegenschaftsbewirtschaftung war, ohne darüber hinaus öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. (…….)

Derartiges gemeinschaftliches, genossenschaftliches Gut, das auf Grund des noch vielfältig wechselnden Sprachgebrauchs zeitgenössisch ebenfalls als „Gemeindegut“ bezeichnet werden konnte, sollte daher nicht der politischen Gemeinde zugesprochen werden. Dies erklärt die Bestimmungen in mehreren Gemeindeordnungen, wonach die privatrechtlichen Verhältnisse von der Gemeindegesetzgebung unberührt bleiben sollten.

Den Gemeindegesetzgebern des 19. Jahrhunderts schwebte zur Abgrenzung das Modell einer funktionalen ( Anm. Aufgabe und Zweck eines Systems) Eigentumszuschreibung vor.  Nur bei jenen Personengesellschaften mit territorialem Substrat ( Anm. in Grenzen festgelegtes Grundvermögen), die über die rein wirtschaftliche Aktivität der gemeinschaftlichen Nutzung von gemeinsamem Grund öffentliche Aufgaben wahrgenommen haben, sollte das Eigentum am so bezeichneten Gemeindegut der politischen Gemeinde zukommen. Mit den fortan der Einwohnergemeinde wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben kam es auch zu einer  (gesetzlich zumeist nur angedeutet zum Ausdruck gebrachten) Eigentumszuschreibung. (………)

Eine solche funktionale (Anm. Aufgabe und Zweck eines Systems) Eigentumszuschreibung musste sachgerecht erscheinen. Allerdings erwies sie sich als konfliktanfällig, da diese legislative Lösung jeweils Einzelfallbetrachtung erfordert hätte.Dies stellte Otto von Gierke 1868 fest und erklärt für unabdingbar, “ es wäre bei jeder Gemeinde zu untersuchen gewesen, ob nach der geschichtlichen Entwicklung (…) die privatrechtliche oder die öffentlich-rechtliche Seite des Vollgenossenschaftrechtes überwog“.

Soweit in der Beilage zur „Tiroler Gemeindezeitung“ auf Seite 10 und der folgende Schluss auf Seite 16:

Abseits von derartigen, Berührungspunkte zur Rechtspolitik aufweisenden anwendungsorientierten Lehren aus der Rechtsgeschichte steht jedoch auch bei rechtshistorischer Beschäftigung mit dem Gemeindegut die aufklärerische Funktion der Rechtsgeschichte im Vordergrund:

Sie führt die Zeit- und Interessengebundenheit juristischer Argumentationsstrategien vor Augen  und enthüllt im vorliegenden Fall gegenwärtige Argumentationsstrategien als ebenso zeit- und interessengebunden.

Die Ähnlichkeit juristischer Geschichten zu Beginn des  21. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert ist jedenfalls auffallend und selbst abseits der Notwendigkeit konkreter Nutzbarmachung interessant.

 

Meine Schlussfolgerungen aus diesem Teil der Sonderpublikation:

 

  • Es gibt klare Unterscheidungspunkte zwischen Gemeindegut und Agrargemeinschaft.
  • Der Sinn  des § 12, der Gemeindeordnung 1866 ist eindeutig erklärt.
  • Ziel der Gemeindeordnung war die funktionale Eigentumszuschreibung.
  • Legislative Lösungen sind konfliktträchtig, wenn sie Einzelbetrachtungen nicht explizit vorsehen.
  • Der Agrarstreit kann nur mit agrarbehördlicher Einzelbetrachtung wirklich gelöst werden.
  • Es ist unabdingbar notwendig, in Form einer historischen Aufarbeitung, die öffentlich rechtliche oder private Eigenschaft der Agrargemeinschaft festzustellen.
  • Die Rechtsgeschichte möge in der Sache  Gemeindegut aufklärend wirken.
  • Juristische Argumentationsstrategien sind als zeit- und interessengebunden enthüllt.

 

Der behauptete Diebstahl an Gemeindegut ist eine unverantwortliche politische Anschuldigung der politischen Agitatoren und schlicht und einfach ein gemeines politisches Lügenmärchen.

 

toni

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