Am 27.02.2014 tagte der Petitionsausschuss des Landes Tirol. Dazu war der ich als Einbringer der Petition zur näheren Erläuterung geladen. Unter dem Motto des Zauberlehrlings von Goethe “ die Geister die ihr gerufen – werdet ihr nicht mehr los“, durfte ich folgende Rede halten. Die kursiv geschriebenen Texte habe ich nicht vorgetragen, diese dienten zu korrekten Beantwortung allfälliger Fragen. Meinen persönlichen Eindruck vom Petitionsausschuss finden sie bei Plattform – Agrar West.
Sehr geehrter Petitionsausschuss!
Sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete!
Sehr geehrte Anwesende!
Als Einbringer dieser Petition zur Nov. des TFLG möchte ich ganz kurz ein paar Worte zu den Hintergründen dieser Petition verlieren.
Ach Tirol, die Not ist groß – die Geister die ihr rieft – werdt´ ihr nicht mehr los! Frei nach dem Zauberlehrling in der Ballade von Johann Wolfgang von Goethe. Der Meister, „zu bannen diese Geister“, ist nicht in Sicht.
Der Geist des Eigentums:
Erstes Beispiel: Unser Hof, seit 8 Generationen und über 200 Jahren im Familienbesitz, hat sein Waldeigentum aus der Waldauftheilung im Jahre 1734 erhalten. Dieses Eigentum wurde laut FEPT 1847 vom Landesfürsten als Privateigentum bestätigt und als Eigentumsgrundlage in der Grundbuchsanlegung genannt. Dieses volle Eigentum wurde erst bei der Grundbuchsanlegung aus technischen Gründen zu gemeinsamem Grundeigentum zusammengefasst. Dieses volle Eigentum ist sei 1962 als Agrargemeinschaft mit rechtskräftigem Bescheid des Landes organisiert. Dieses Eigentum hat Grundsteuern durchgehend bezahlt bis heute.
Meine Frage: Wie soll aus diesem unwiderlegbar „privaten Eigentum“ wahres oder atypisches Eigentum der politischen Gemeinde geworden sein?
Originaltext 1734:„……… in gliebter Giete, einvernembilch gefiehrten, Auf- und Abtheillung der anhero eigenthumblich gewössten Waldstrecke auf Feyrstatt und Gieter“ ! …..„……..dieser Gemainschaft von alters hero aigenthumblich angehörig gewöster Waldungsbezirk unter die daselbst befindlichen Feyrstött und Gieter…….. die ordentliche Waldungs Ab= und Aufthaillung beschechen“.
Ein zweites Beispiel: 66 Haus- und Gutsinhaber wurden amtlich in einer Stubaier Gemeinde im Jahre 1804 als rechtlich eingeforstet mit ihrem Haus und Gutsbedarf in den damals „Landesfürstlichen Waldungen“ festgestellt. Mit dem in dieser Runde hoffentlich bekannten „kaiserlichen Patent vom März 1847“ hatten diese 66 Eingeforsteten die Möglichkeit im Tausch „ Einforstung gegen Waldeigentum“ gemeinschaftliches Waldeigentum zu erwerben gemäß Forstservituten- Ablöse (FSA 1847).
Meine Frage: Wer sind heute die rechtlichen Nachkommen dieser 66 Vertragspartner?
Ein drittes Beispiel: Die Agrarbehörde versuchte mit mäßigem Erfolg in bisher drei behördlichen Anläufen bei der Agrargemeinschaft HF Obsteig „atypisches Gemeindegut“ zu finden und festzustellen. Die Agrarbehörde ignoriert dazu wissentlich drei rechtskräftige Erkenntnisse des LAS und ignoriert ein Erkenntnis des VfGH.
Meine Frage: Ist eine solche Vorgangsweise rechtlich korrekt?
Darf die Agrarbehörde vertragliche, landesbehördlich rechtskäftige, sowie grundbücherliche Eigentumsnachweise der Bauern einfach ignorieren?
Darf die Agrarbehörde historische Eigentumsnachweise mit Hinweis auf die nationalsozialistische Gemeindeordnung vom 1.10.1938 vom Tisch wischen?
Wie und auf welcher rechtlichen Grundlage gelten heute noch in Tirol und in den Bescheiden der Agrarbehörde nationalsozialistische Gesetze?
Land Salzburg -VfSlg 4229/1962 : Sondervermögen (Ortschaften, Dorfschaften) wurden durch Art II § 1 der Verordnung über die Einführung der Deutschen GO im Lande Österreich mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 aufgehoben und in das Eigentum der Gemeinde überführt. Dieser Rechtszustand blieb auch nach 1945, also nach Aufhebung der deutschen GO bestehen. (Anm. 19 im Original:. ……….. Dies bestimmt ausdrücklich § 95 Abs 7 Sbg GdO und fügt an, dass die Aufsichtsbehörde im Zweifel darüber entscheidet, ob Verbände, Körperschaften oder Einrichtungen, solche (Anm.Einrichtungen) gemeinderechtlicher Art waren.
Ein viertes Beispiel. Aus ihrer Entstehung, Purifikation, Vergleichsprotokolle völlig ident hervorgegangene Agrargemeinschaften werden agrarbehördlich einmal als Gemeindegut, das idente Gleichstück in direkter Nachbarschaft gemeindegutsfrei beschieden, siehe Oberpettnau – Unterpettnau, Niederthai Sonnseite – Nederseite, Kolsass – Weer, Innerer Aufschlag – Äußerer Aufschlag in Holzgau usw. Wenn wir behördliche Willkür ausschließen bleibt doch der dringende Verdacht behördlicher Fehler aufrecht. Diese behördlichen Fehler zu finden und zu klären und zu erklären ,egal ob sie der historischen Agrarbehörde anzulasten, oder der heutigen Agrarbehörde unterlaufen sind, wäre oberstes Gebot dieser behördlichen Verwaltungseinrichtung in unserem Rechtsstaat.
Frage: Warum verweigert die Agrarbehörde und die Landespolitik eine wissen- schaftliche, lückenlose , rechtlich und historisch einwandfreie Aufarbeitung des wahren Eigentums?
Konnte sich der VfGH und VwGH bisher darauf verlassen, dass die historische und die heutige Agrarbehörde ihrer ureigensten Aufgabe, der Feststellung des wahren Eigentums bereits im Vorfeld der Entscheidungen gewissenhaft und unwiderlegbar nachgekommen ist?
Fürchtet die Agrarbehörde, nicht gewissenhaft, rechtlich und historisch einwandfrei gearbeitet zu haben?
Kann die Agrarbehöre in unserem Rechtsstaat gleichzeitig Erhebungsbeamter, Ankläger und Richter zugleich sein?
Gibt es die verfassungsgemäße Gewaltenteilung im Verwaltungsrecht nicht?
Warum sind Beamte der Agrarbehörde nicht wie der einfachste Polizeibeamte der objektiven Erhebung aller relevanten Beweise verpflichtet?
Warum verkennt die Agrarbehörde fortlaufend die Beweiskraft unserer Eigentumsurkunden?
Diese Eigentumsurkunden würden bei korrekter Würdigung eindeutig die Feststellung agrargemeinschaftlicher Grundstücke gemäß TFLG § 33 Absatz 2 lit a) oder lit b) bedingen?
Der Geist der Wirtschaft:
„Gemeinwohl Ökonomie“ , Wirtschaftsmodell der Zukunft ! Messbar an der Gemeinwohlbilanz. Ich darf voraussetzen, dass die Grundzüge dieses neuen, modernen Wirtschaftsmodells hier im Saal allgemein bekannt sind. Selbst bei sehr kritischer Beurteilung der einzelnen positiven Kriterien erreichen Agrargemeinschaften höchste Punktezahlen in dieser Gemeinwohlbilanz. Negativkriterien treffen auf Agrargemeinschaften überhaupt keine zu.
Frage: Ist es sinnvoll, das Wirtschaftsmodell Agrargemeinschaften, mit einer solch ausgezeichneten Gemeinwohlbilanz politisch durch eine rabulistische„atypische Verstaatlichung“ zu zerstören?
Der Geist der Wissenschaft!
Im Februar jährte sich der 450. Geburtstag von Galileo Galilei. Heute sagen Historiker. Galilei war ein überaus gläubiger Katholik. Er geriet in die Mühlen der Inquisition weil er seine Kirche mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen vor einem verheerenden Irrtum bewahren wollte. Er unterlag im Streit dem kirchlichen Recht. Die obsiegende Kirchenführung machte sich damit für Jahrhunderte lächerlich.
Im Februar jährte sich zum 80. mal der Bürgerkrieg in Österreich. Die damals siegreiche Staatsmacht hat sich, so Bundespräsident Fischer kürzlich, „eine schwere und unübersehbare Schuld“ aufgeladen. Die damals Unterlegenen behielten recht. Ihr Geist lebt heute in den Sozialstandards unseres Landes weiter.
Uns allen mir sind noch viele verbrecherische Eingriffe in Persönlichkeit und Eigentum aus den vergangenen Jahrhunderten bekannt. Immer wurden die Hauptbetroffenen zuerst öffentlich verleumdet, eines Verbrechens bezichtigt um damit die Bevölkerung mit zeitgenössischer Propaganda aufzuwiegeln. ( Beispiel: 1349 Kölner Pestprognom wegen angeblicher Brunnenvergiftung, usw……….. aktuell Tirol 2005, Agrargemeinschaften hätten die Gemeinden um die Fläche Osttirols bestohlen).
Eines haben alle gemeinsam. Alle Angriffe gegen Leib und/oder Eigentum wurden immer im Namen des Volkes und des vermeintlichen Gemeinwohls gerechtfertigt.
Der Geist der Zeit.
Ich bekenne mich unverrückbar zum österreichischen Rechtsstaat, zur Gewaltentrennung und zur demokratischen Staatsform. Das Rechtssystem entspringt der Geisteswissenschaft, welche zum Unterschied von der Naturwissenschaft vom Zeitgeist laufend beeinflusst wird und sich ebenso laufend im Zeitgeist ändern kann.
Fast jeder hier im Saal ist zur Zeit verantwortlicher Träger dieser Gewalten. Deshalb wage ich vor der Gefahr des Zeitgeistes zu warnen und zitiere: Platon: Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit. Oscar Wilde: Demokratie ist auch der Terror der größeren Zahl.
Ich wünsche dem Land Tirol nicht, dass die Nachwelt über die aktuellen politischen und rechtlichen Entscheidungsträger wie bei Galilei lange lacht, oder noch schlimmer, dass über aktuelle Entscheidungen die Nachwelt „eine schwere unübersehbare Schuld“ befindet. Spätestens der historische Rückblick wird über diesen Zeitgeist und damit über uns hier im Saal richten.
Der Geist der Gerechtigkeit:
Dazu ein weiser Spruch meines Lehrmeisters
„Als Junger Mensch glaubte ich, Gerechtigkeit sei das Mindeste was ich erwarten könne. Im Alter weiß ich, Gerechtigkeit wäre das Höchste, was ich erreichen könnte.“ ( Josef Willi)
Ich danke für die Aufmerksamkeit und stehe für Fragen gerne zur Verfügung.
Innsbruck, im Februar 2014
Toni Riser,
Obmann des Agrargemeinschaftsverbandes Westösterreich