Protestnote an den LH!

Bei der Protestversammlung von Agrar-West in Haiming haben von den cá 250 Anwesenden gezählte 246 Damen und Herren diese Protestnote an den Herrn Landeshauptmann unterschrieben.

 

Agragemeinschaftsverband Westösterreich                                              Haiming, am 29 März 2014

Betrifft: Protestnote zur Novellierung des TFLG 2014

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

Die anwesenden Agrarfunktionäre und Agrargemeinschaftsmitglieder bringen ihren Protest gegen die Novelle des TFLG 2014 mit ihrer Unterschrift zum Ausdruck. Wir halten den Novellierungsvorschlag für verfassungswidrig, überschießend,  unverhältnismäßig und menschenverachtend.

Grundsatzforderungen:

  1. Wir verlangen vom Land Tirol die wissenschaftliche Aufarbeitung der rechtlichen und historischen  Entwicklung des Wald- und Almeigentums in Tirol, durch in- und ausländische Experten.

  2. Wir verlangen eine wissenschaftliche Überprüfung von Regulierungsurkunden, ob die Feststellungen  gemäß dem § 33  des TFLG 1996 idgF in dem Bereich Absatz 2 lit c  und lit d historisch, rechtlich und inhaltlich  korrekt und richtig waren.

Begründung:

  1. Rechtsfriede setzt voraus, dass zumindest die Rechtsentscheidungen für die Beteiligten verständlich und nachvollziehbar sind. Wir können eindeutige Eigentumsurkunden vorweisen und wollen endlich wissen, wodurch diese ungültig geworden sein sollen.Umgekehrt könnte diese historische Aufarbeitung auch das wahre Eigentum der Gemeinde für uns verständlich bestätigen und  beweisen.

  1. Sämtliche Eigentumsunterlagen der  Agrargemeinschaften belegen eindeutig, dass hinsichtlich der Herkunft des Waldeigentums inhaltlich einzig und allein lit a zutreffend sein kann. Unter lit.  a verstehen sich agrargemeinschaftliche  Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach  der   Kaiserlichen  Entschließung vom 6. Februar 1847,……….einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden.

Forderungen zu TFLG Novelle 2014:

  1. Der Substanzverwalter ist als Kollegialorgan in Ausschuss und Vollversammlung einzurichten gem. § 35 Absatz 7. Dem Substanzverwalter steht das Vetorecht zu. Monokratische Strukturen sind Rückschritt ins Mittelalter und auszuschließen.
  2. Die substanzberechtigte Gemeinde ist nicht berechtigt, den Organen der Agrargemeinschaften Aufträge bzw. Weisungen zu erteilen.( Streichung § 36d Abs. 1 )
  3. Der substanzberechtigten Gemeinde ist neben dem vollen Substanznutzen auch die volle zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung gesetzlich zu überbinden.
  4. Im Auseinandersetzungsverfahren ist die rechtliche und historische Aufarbeitung der Entstehung des Eigentums gesetzlich verpflichtend vorzusehen.
  5. Bestimmungen die zur zeitgemäßen Ausgestaltung Haus- und Gutsbedarfes, welche  in den EB angeführt sind , sind in einer Durchführungsverordnung des TFLG gesetzlich zu verankern.
  6. Den Agrargemeinschaften und deren Mitgliedern ist der Zugang zum ordentlichen Rechtsweg per Gesetz zu garantieren.
  7. Die Einspruchsmöglichkeiten Agrargemeinschaftsmitglieder sind per Gesetz sicher zu stellen und nicht zu verbieten.
  8. Die Strafbestimmungen sind verhältnismäßig auszugestalten.
  9. Verpflichtungen der Agrarbehörde zu zeitnaher Entscheidung sind gesetzlich festzulegen.

Begründungen:

  1. Die Agrargemeinschaft, als auch die Gemeinde sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Wenn die Agrargemeinschaft durch ein monokratisches Organ der anderen Körperschaft öffentlichen Rechtes in den Entscheidungen über der ersteren  grundbücherliches Eigentum vollkommen ausgeschaltet wird, entspricht das keinesfalls dem verfassungsmässig garantierten Schutz des Eigentums. Der monokratisch agierende Substanzverwalter ist eine überschießende Erfindung der Agrarbehörde und der Landesregierung, siehe dazu Erkenntnis Pflach Seite 23/48 im Originaltext: „ Das subjektive Recht der Gemeinde auf die umfassende Dispositionsbefugnis über den Substanzwert des Gemeindegutes iSd § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 wird im TFLG 1996 insbesondere durch die Bestimmung des § 35 Abs. 7 Satz 2 gewährleistet, die Organ- beschlüsse über den Substanzwert von Gemeindegut an die Zustimmung der Gemeinde bindet“.

Der Gesetzgeber möge sich an diese VfGH Erkenntnis halten. Der VfGH sagt eindeutig, der bisherige Gesetzeszustand ist ausreichend.

  1. § 36d Abs 1 ist ersatzlos zu streichen, wegen menschenverachtender Bestimmung, weil: Die Mitgliedschaft bei einer Agrargemeinschaft ist mit der Stammsitzliegenschaft und deren Eigentümer untrennbar verbunden und damit nicht freiwillig.Die Annahme einer Wahl ist Pflicht und ehrenamtlich bei Strafandrohung 5000.- Euro. Die Besorgung eines Auftrages oder einer Weisung  kann dem zwangsweise bestellten Organ nicht zugemutet werden, wenn dessen Inhalt  gegen seine  persönlichen Überzeugung ist oder wider sein rechtliches Wissen und Gewissen steht. (Strafandrohung 9000.- Euro).

  1. Die Agrargemeinschaft wird all ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten entkleidet, kann weder für Katastrophenereignisse noch für sonstige Eventualitäten Vorsorge treffen. Die Agrargemeinschaft bleibt aber als Eigentümerin voll zivilrechtlich haftbar und strafrechtlich verantwortlich ohne jegliche Entscheidungsgewalt auf ihrem Eigentum. Nach bisheriger Rechtslage ist die Agrargemeinschaft Vollhafter, das heißt für den Fall, dass die Agrargemeinschaft ihren Verpflichtungen nicht nachkommen kann, haftet das Mitglied mit seinem Privatvermögen.

  2. Die bei vielen Agrargemeinschaften vorliegenden Besitzurkunden bedingen eindeutig eine zwingende behördliche Feststellung ihrer agrargemeinschaftlichen Grundstücke nach § 33 lit a TFLG 1996 !§ 33 lit a.lautet: Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden; ( Forsteigentumspurifikation und Forstservitutenausgleich )

    Dazu aus Erkenntnis Pflach 24/55:

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem vor, in (…….) dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

In Erfüllung der Vorgaben des Erkenntnisses zu Pflach ist bei allfälligen Auseinandersetzungsverfahren, sowie bei allfälligen behördlichen Gemeindegutsfeststellungen eine historische und rechtliche Überprüfung gesetzlich vorzuschreiben.

Das Auseinandersetzungverfahren ist als Verfahren mit offenem Ausgang zu konzipieren. Zumindest ist hier die gesetzliche Verpflichtung der Prüfung und Würdigung aller vorliegenden Urkunden, Unterlagen und sonstiger Beweisstücke   historischer und rechtlicher Art aufzunehmen. Das Ergebnis kann sein, echtes Gemeindegut, mit Nutzungsrechten belastet, oder echtes Gemeinschaftsgut der Mitglieder einer Agrargemeinschaft.

Insbesondere ist zu erforschen und zu klären, ob die Vorgängerorganisationen der Agrargemeinschaften egal welchenNamens, vorwiegend Einrichtungen gemeinderechtlicher Art, oder vorwiegend Einrichtungen privatrechtlicher Art waren. (Schennach)

  1. Der Ausschluss des ordentlichen Rechtsweg ist ein anachronistisches Überbleibsel und widerspricht jeder neuzeitlichen  geltenden staatlichen Rechtsnorm. Nachdem die Agrargemeinschaft kein reines agrarrechtliches Gebilde mehr ist, sondern von den Doktrinen der Gemeindeordnung  gelenkt werden soll, ist auch der ordentliche Rechtsweg ein verfassungsmäßiges Recht der Agrargemeinschaftsmitglieder in Anlehnung an die Gemeindeordnung.

  2. In den erläuternden Bemerkungen sind u.a. zeitgemäße Auslegungen des Haus- und Gutsbedarfes erklärt. Diese Bemerkungen sind als Durchführungsverordnung gesetzlich zu verankern. 

  3. Im Zeitgeist liegt eine Ausweitung der Bürgerrechte in allen Belangen des öffentlichen Lebens. Warum sollen ausgerechnet für die Agrargemeinschaftsmitglieder ein Einspruchsverbot gelten. Jeder Gemeindebürger hat das Recht die Entscheidungen des Gemeinderates auch in substanzrechtlichen Angelegenheiten zu beeinspruchen. Den Mitgliedern der Agrargemeinschaften wird dies per TFLG untersagt????

  4. Der Strafkatalog steht auf Grund seines Umfanges und seiner Strafandrohung von bis zu 9000.- Euro in keinem Verhältnis zur Schwere allfälliger Vergehen oder Unterlassungen von ehrenamtlichen Funktionären, wissentlicher und unwissentlicher Art. Dieser Strafkatalog ist absolut überschießend und menschenverachtend. Überdies ist die Verpflichtung der vorausgehenden Verwarnung gesetzlich vorzuschreiben. Der vorgelegte Strafkatalog kommt auf Grund seiner Formulierungen  einer vorauseilenden Beugestrafe und Abschreckungsstrafe gleich, um schon den Versuch eines Protestes gegen dieses von den allermeisten Betroffenen als Unrechtsgesetz empfundene TFLG zu verhindern.  Dieser Strafkatalog  kommt mittelalterlichen Praktiken bzw. einem System längst überwundener Gewaltherrschaften gleich. Oder wünscht der Gesetzgeber einen Polizeistaat im Wald und auf der Alm.

  1. Im Gesetz ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass Entscheidungen in Streitsachen zwischen Mitgliedern oder zwischen Mitgliedern und der Agrargemeinschaft zeitnah zu erfolgen haben und binnen drei Monaten zu bearbeiten sind und längstens innerhalb von 6 Monaten bescheidmäßig abzusprechen ist.

Für die Beamten der Agrarbehörde ist ein ähnlicher Strafkatalog zu erstellen, worin die nicht rechtzeitige Bescheiderstellung, die Hinderung der Durchführung von vertraglichen Vereinbarungen zwischen Agrargemeinschaft und Gemeinde sowie schon der Versuch einer Hinderung  solcher Vereinbarungen einer Strafandrohung unterliegt.

Von der  Agg Obsteig liegt ein Rechtsakt seit 2005 unerledigt bei der Agrarbehörde ?????

Herr Landeshauptmann, wir ersuchen Sie im Tiroler Agrarstreit klärend einzuwirken. Diese TFLG Novelle ist ein Faustschlag gegen die Ehrenamtlichkeit und die Erniedrigung eines Berufsstandes. Die Tiroler Landespolitik und die Tiroler Gesetzgebung wird von der Öffentlichkeit nicht an der Geschwindigkeit gemessen, sondern am einwandfreien Inhalt der Entscheidungen und der Gesetzgebung.

Agrargemeinschaftsverband Westösterreich

Anton Riser           Alexander Woertz       Wilhelm Schlögl

Dazu 246 unterstützende Unterschriften direkt aus der Protestversammlung.

 

 

 

 

 

 

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